Ausgabe 435 - 05/2017
(Un)Sicherheiten
Wir leben in einem Land, in dem man jeden Small Talk (oder jedes Editorial) mit dem Wetter beginnen kann. Das wird deswegen nicht langweilig, weil es sich ständig ändert und, vor allem im April, völlig unberechenbar ist. Zwischen Hitzewelle, Hagel und Minusgraden liegen oft nur Stunden. Völlig unberechenbar scheint derzeit auch die Weltlage, die allerdings, anders als das Wetter, durchaus beeinflussbar ist. Die Frage ist nur, wer sie wie beeinflusst.Referendum zum Ausbau der Macht samt massiver Repression und Demokratieabbau in der Türkei? Da sagen nicht wenige Ja in solch unsicheren Zeiten. Wie so ein Referendum in Österreich ausgehen würde, ist auch nicht sicher. Denn Unsicherheit empfinden anscheinend auch hier viele angesichts der Lage, und damit ist jetzt nicht das Wetter gemeint. 43 Prozent der Österreicher_innen wünschen sich einen «starken Mann» an der Staatsspitze, wie eine neue Studie ergab. Laut dieser stimmen auch 23 Prozent der Befragten der Aussage zu: «Man sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern muss.» Was autoritäre Gesellschaftssysteme, seien sie nun staatspolitisch organisiert oder rein als Ideologien und demzufolge auch durch Sozialisation wirksam, anrichten können, beschreibt Christian Bunke in seinem Text über das Fürsorgesystem und den Missbrauch in Heimen und psychiatrischen Einrichtungen in Österreich auf Seite 6. Mit jemandem, der von Autoritäten daran gehindert wird, sich ein sicheres Leben aufzubauen, hat Kerstin Kellermann gesprochen (Seite 8). Said, ein Kicker von Schwarz-Weiß Augustin, ist von akuter Abschiebegefahr betroffen, gegen die er sich zur Wehr setzt. In seinem Herkunftsland Afghanistan ist die Situation nämlich alles andere als sicher.
Vielen Autoritäten nicht genehm war auch der linke Kabarettist Dietrich Kittner, der, aus Deutschland stammend, seit Anfang der 1990er-Jahre in der Nähe von Bad Radkersburg lebte und zwar Erfolg hatte, von TV-Stationen aber weitgehend ignoriert wurde. Von ihrem Ausflug zum Kittner-Haus berichten Robert Sommer und Mario Lang auf Seite 16. Nur der eigenen Autorität verpflichtet fühlt sich Gottfried, der sich «freiwillig und ohne äußeren Zwang» an der Fastenzeit beteiligt hat. Darüber und über andere Erlebnisse der letzten Wochen schreibt er in seinem Tagebuch (Seite 39).
Obwohl die Zeiten also unsicher sind, gibt’s beim Augustin immer noch keine Chefität-Autorität. Aber was auf jeden Fall sicher ist: Erscheinen tut er. Und zwar pünktlich.