Ausgabe 443 - 09/2017
Wolke sieben?
Der Sommer ist ja (angeblich) vorbei und in Monaten mit einem «r» im Namen soll man sich ja (angeblich) nicht auf den Boden setzen. Dennoch saß ich neulich in der Wiese.Das Wetter schön, der Himmel blau, nur einige Wolken, die vorüber ziehen. Die kleine Tochter saß neben mir und erzählte, was sie in den Wolken so sieht: «Die sieht aus wie ein großes Monster!», rief sie. Und: «Die dort wie ein Dinosaurier!» Kindliche Fantasie ist ja oft grenzenlos, was man vom öffentlichem Raum nicht behaupten kann. Der ist längst nicht so weit wie der Himmel. Allerdings ist auch der Weltraum nicht frei von machtpolitischen Interessen wie wir wissen, aber theoretisch könnte ich in ihm unbehelligt herumschweben und mein Bier trinken, oder auch unbegründet stehenbleiben, ohne dass mich die (Weltraum-)Polizei argwöhnisch anhält. Bevor wir das angehen, haben wir uns allerdings mal auf Wien konzentriert und mit der Soziologin Katharina Hammer über den öffentlichen Raum in der Stadt geplaudert (Seite 7).
Im öffentlichen Raum finden (so sie nicht von Innenminister_innen oder Konditoreiketten verboten werden) auch Demonstrationen und Proteste statt, kürzlich wieder mal im Sigmund-Freud-Park. Kerstin Kellermann hat den Protest von Afghan_innen gegen Abschiebungen in ihr Herkunftsland besucht und auch Expertise von Anwalt Clemens Lahner eingeholt (Seite 16). Öffentlich zu besichtigen sind jene Orte, die Rudolf Kohoutek in seinem Buch «Wiener Grund» zeigt. Lisa Bolyos ging für die «Vorstadt» spazieren und suchte so manchen Ort auf, den Rudolf Kohoutek vor der Finanzkrise und dem Investitionsboom fotografisch und textlich festhielt. Ein öffentliches Hallenbad besuchten Julia Grillmayr und Lonny Weichsl, um über das erste männliche Synchronschwimmteam Österreichs zu berichten. Im Wasser lässt sich’s zwar schweben wie auf Wolke Sieben, aber auch in der Badeanstalt wird und wurde nicht immer so locker mit (Körper)Normen und den Grenzen des Möglichen umgegangen.
Wenn Grenzen keine Rolle spielen würden, wäre dann die ganze Welt ein öffentlicher Raum, in dem wir uns alle untereinander ausmachen müssten, wie wir ihn verwendeten? In Kuwait, so lernen wir in Ali N.s und Nadine Kegeles wunderbarem, eindrucksvollem Text auf Seite 31, waren Grenzen einst nicht wichtig. Einst, bevor das Öl kam. Mit Reichtum, wissen wir, geht oft der Verlust des Gemeinsamen einher. Die Wolken zumindest werden nie Grenzen akzeptieren.