Ausgabe 458 - 05/2018

Drucksachen, Dohnal und Drogerien

Mehr als 100 Magazine aus 34 Ländern gehören dem Internationalen Netzwerk der Straßenzeitungen (INSP) an. Viele bestehen seit mehr als 20 Jahren. Wie der AUGUSTIN. Der ist Mitte April nach Hannover zur Konferenz der deutschsprachigen Straßenzeitungen gereist, so wie 18 weitere Zeitungen. Zusammen schaffen wir eine Monatsauflage von rund 350.000 Heften, die von mehreren Tausend Menschen verkauft werden.Warum all die Zahlen? Weil ein Artikel in der FAZ (online) suggerierte, dass den Straßenzeitungen die Leser_innen ausgehen. Richtig ist: Durch die Digitalisierung und andere Faktoren ist die Lage (auch für Mainstream-Medien) um einiges schwerer geworden. Nicht richtig ist, dass die Leser_innen komplett ausgehen (sonst hätten auch Sie den AUGUSTIN nicht in der Hand). Auch können nicht alle Straßenzeitungen in einen Topf geworfen werden; Auflagen sinken, bleiben gleich oder steigen bei einigen sogar. Was im Artikel aber durchaus anklingt: Der Anspruch an journalistische Qualität ist ­ungebrochen. Und die Ursprungsidee, Menschen in prekären Lebenslagen ein Einkommen zu bieten, ebenfalls. Unser Fazit: AUGUSTIN mitnehmen. Und gerne auch lesen.

Massiv unter Spar- oder sogar Auflösungsdruck steht derzeit die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Am 20. April versammelten sich laut Medien mehr als 2000 Teilnehmer_innen in Salzburg, um gegen Einschnitte zu protestieren. Franz Fluch schreibt auf Seite 6 aber darüber, was bei der ganzen Debatte gänzlich fehlt, und wird indirekt von Robert Sommers Kommentar auf Seite 8 ergänzt. Er fragt sich, ob die Linke nicht lieber für Partizipationsausbau statt für Bürokratieerhalt kämpfen sollte.

Feministischen Kämpfen jedenfalls ist es zu verdanken, dass es die Frauenhäuser gibt. Johanna Dohnal bekam dafür damals Hassbriefe. Die sind nun in der Ausstellung Am Anfang war ich sehr verliebt … 40 Jahre Wiener Frauenhäuser zu sehen, die im Wiener Volkskundemuseum eröffnet. Über die Geschichte dieser so wichtigen Gewaltschutzeinrichtungen schreibt Lisa Bolyos auf Seite 10.

Kerstin Kellermann wiederum hat die Ausstellung Genosse Jude im Jüdischen Museum besucht. Und zwar gemeinsam mit dem 85-jährigen Joel Spitzer, der, wie er sagt, schon als Kind kommunistische ­Ideen hatte (Seite 30).

Nicht ausstellen, aber quasi entgegenstellen, nämlich gegen Trends – so könnte man das Motto einiger alter Geschäfte bezeichnen, deren Handwerke, Waren oder Dienstleistungen aus vergangenen Zeiten scheinen: Gschäftl-Report heißt die neue Serie, die Arthur Fürnhammer ab dieser Ausgabe in der Vorstadt regelmäßig mit (Geschäfts-)Leben füllen wird, so wie Drogist Alexander Pekarek regelmäßig seine Regale füllt (Seite 22). Und wir, also alle Beteiligten des AUGUSTIN-Projekts, inklusive Ihnen, liebe Leser_innen, füllen die Straßenzeitung regelmäßig mit Leben. Auf ein erfülltes Lesen und Lebenlassen!

Am Steinhof

Wennst net brav bist, kummst am Steinhof, zu die Depperten. Die Worte Stein und Hof schlossen sich zusammen, dicke Mauern um eine schattenhafte Mitte, ein Brunnenloch oder Burgverlies, in dem der Verurteilte im Rinnsal seiner Ausscheidungen verkommt…. weiterlesen

Rote Blitzlichter (ungeordnet)

Chilip in Druk Yul (8)

Trotzig-traurige Augen eines jungen Mönchs, vielleicht gerade sieben, acht Jahre alt, auf der Rückbank des Sammeltaxis weg von der letzten Stadt im Distrikt. Den Kopf über den Rahmen des offenen Fensters gelehnt schläft er auf halbem Weg ein. Wohin e… weiterlesen

Wien und die Wiener

Bin ich eine Wienerin?

Nein, wenn das eine Einschränkung bedeutet. Obwohl ich in Wien geboren wurde, hat meiner Mutter das schon gereicht und sie hat mich abgegeben. Da ging es dann in das Waldviertel. Auch habe ich sehr lange in Wien gewohnt. Und als Adoptivkind dabei noc… weiterlesen

Theater zum Fürchten: Tartuffe

Aus der KulturPASSage

Im Scalatheater – Theater zum Fürchten – wird derzeit Tartuffe gezeigt, die Komödie von Molière in einer Inszenierung von Marcus Ganser.

Foto: © TZF/Bettina Frenzel
Herr Ganser hat in vielen Sequenzen eine Verbindung zur heutigen Zeit, zur aktuellen… weiterlesen

eingSCHENKt: Wenn Eltern krank sind und Kinder stark sein müssen

Papas Herz ist kaputt. Die beiden Buben sehen, dass Papa ins Krankenhaus muss. Sie sehen Mama weinen. Papa leidet an einer schweren Herzkrankheit. Ob er all das überleben wird, weiß niemand. Mama weiß es auch nicht.
Sie sagt Sätze wie: «Die Engelchen… weiterlesen

Keine Grenzen

Augustinerin Lisbeth Kovačič

Seit ungefähr fünf Jahren bin ich als freie Mitarbeiterin beim AUGUSTIN. Vor allem als Fotografin, aber ich schreibe auch manchmal.

Foto: Ruth Weismann

Wann ich das erste Mal für die Zeitung fotografiert habe, weiß ich gar nicht mehr, aber ich er… weiterlesen

Unfallfolgen

Die AUVA braucht keine Zerschlagung, sie braucht eine Reform im Sinne der Versicherten

In der Debatte um die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) wird ein wesentlicher Punkt völlig außer Acht gelassen – ihr gesetzlicher Auftrag und eigentliches Kerngeschäft: die Entschädigung bei Arbeitsunfällen durch eine Versehrten-
re… weiterlesen

Es gibt auch keine Henker mehr

Muss die Justizwache vor der schwarzblauen Einsparungswelle gerettet werden?

Die Kritik aller vier Präsidenten der Oberlandesgerichte (OLG) an der «unverantwortlichen Sparpolitik» der Bundesregierung bei der Justiz wurde nicht nur von liberalen Medien begrüßt. Ist die Linke von diesem Schuss vor den Bug des schwarzblauen… weiterlesen

Dream Big! Ein Leben ohne Gewalt

40 Jahre Frauenhäuser

Am 1. November 1978 bekam Wien sein erstes Frauenhaus. Heute finden misshandelte oder bedrohte Frauen und ihre Kinder an vier Standorten Schutz und Hilfe. Die Ausstellung «Am Anfang war ich sehr verliebt … » dokumentiert die 40-jährige Geschicht… weiterlesen

Tourismus im Wohnhaus

Airbnb verknappt den Wohnraum – und macht ihn teuer

Mit der Vermietung privater Wohnungen als Unterkünfte für Reisende ist Airbnb zu einem wichtigen Player im Städte-Tourismus geworden. Dabei geraten Wohnungsmärkte zunehmend unter Druck, berichtet Lisa Puchner.Fernab von teuren Hotels oder Schlaf… weiterlesen

Keine Nachtruhe: Ab 2. Mai wird der Hauptbahnhof nachts geschlossen sein

Rund 450 Kameras sorgen für Sicherheit, selbst die Tiefgarage ist hell erleuchtet. Trotzdem fühlen sich hier Menschen tatsächlich sicher – sicher, um die Nacht zu verbringen.Rund 20 bis 30 Menschen sind es, die täglich aus verschiedenen Stadtteilen W… weiterlesen

Orte des Aufstiegs

557 Gemeinschaftsräume gibt es in den Wiener Gemeindebauten

Wien hat eine lange Tradition der Gemeinschaftseinrichtungen – und der unentschlossenen Haltung dazu. Gregor Stadlober hat sich Geschichte und Gegenwart der kollektiv genutzten Räume in Wiener Wohnbauten genauer angesehen.

Foto: Zara Pfeifer
Ge… weiterlesen

Dealer mit Schmäh und Hausverstand

Gschäftl-Report (1. Folge)

Wer sich Drogen beschaffen will, geht in der Regel nicht zum Drogisten, so viel ist bekannt. Dass die Begriffsverwandtschaft dennoch keine zufällige ist, erhellt ein Besuch bei einem der letzten echten Drogist_innen Wiens. Von Arthur Fürnhammer … weiterlesen

«Deppad ist das nicht»

Lokalmatador Klaus Eckel

Klaus Eckel ermutigt sein Publikum nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken. Von Uwe Mauch (Text) und Mario Lang (Foto).Wenn der Kabarettist zu Fuß von seinem Zuhause in Klosterneuburg rüber nach Wien spaziert und dabei in sein Mobiltel… weiterlesen

Die «notgalerie» hisst die Fahnen

In der Seestadt Aspern bläst oft frischer Wind

Jeder Stadt ihre Galerie – der Seestadt ­Aspern ihre notgalerie, könnte man präzisieren. Auf dem ehemaligen Flugfeld, auf dem eine ­Retortenstadt aus dem Boden gestampft worden ist, wurde auch ein kleiner Flecken Land der Kunst gewidmet, wo im vergan… weiterlesen

Der Herr Karl vom Land

Die bauernschlauen Spiele des landwirtschaftlichen Literaten Max Maetz

Am 1. Mai geht im Hof des Volkskundemuseums die musikalische Lesung Weilling, Land und Leute über die Bühne – mit an Bord sind Max Nagl und Otto Lechner.  Juliane Fischer sprach mit Regisseur Florin Mittermayr über den Autor Max Maetz, dessen Zu… weiterlesen

Der Riss an den Grenzen Europas

Die Graphic Novel «Der Riss» lässt Welten aufeinanderprallen

Die spanischen Journalisten Carlos Spottorno und Guillermo Abril haben eine aufwühlende Reportage vorgelegt.  Ihre Reise an der Peripherie des Europäischen ­Kontinents haben sie in einer Graphic Novel verarbeitet. Eine Rezension von Hans Bogenre… weiterlesen

«Ich hatte schon als Kind kommunistische Ansichten»

Auf Spurensuche im Jüdischen Museum

Noch bis 13. Mai ist die Ausstellung Genosse. Jude. Wir wollten nur das Paradies auf Erden im Jüdischen Museum Wien zu sehen. Kerstin Kellermann hat sie ­gemeinsam mit dem 85-jährigen Joel Spitzer (Name von der Redaktion geändert, Anm.) besucht…. weiterlesen

Zusammenhalten

Rebecca Horner liest den AUGUSTIN

Solotänzerin im Wiener Staatsopernballett, ehemaliger Kinderstar und AUGUSTIN-Testimonial: Mit Rebecca Horner hat sich Ruth Weismann getroffen und unterhalten. Gerhard Schmolke hat fotografiert.Ende März, draußen stürmt gerade der Schnee. Aber d… weiterlesen

Vom wiederholten Aufbrechen

Musikarbeiter unterwegs … Schweiz, Wien, Niederösterreich, Türkei, USA

Roman Britschgi hat mit seinem Quartett Musik zu den Lebenserinnerungen Ernst F. Brods gemacht, der 1938 Österreich rechtzeitig verlassen hat. Klingendes, anderes Gedenken. Von Rainer Krispel (Text) und Mario Lang (Foto).

Den Umstand, dass de… weiterlesen

Wider den Konsens

Bibliotick

Ein ungustiöser Titel, den Manfred Wieninger für seinen neuen Roman ausgesucht hat. Die leider wahren Begebenheiten, auf denen Wieningers Text beruhen, sind aber eben ungustiös, um es milde auszudrücken.Der Aasplatz, vulgo Tiergarten, war eine Gstätt… weiterlesen

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