(Ein) Kätchen.TraumDichter Innenteil

Aus der KulturPASSage

…frei nach «Das Käthchen von Heilbronn» von Heinrich von Kleist, derzeit im TAG – Theater in der Gumpendorfer Straße.

Foto: Anna Stöcher

Gernot Plass, verantwortlich für Text und Regie, hat diesen Klassiker in der heutigen Zeit angesiedelt und bietet damit ein Erlebnis der besonderen Art, eine Geschichte zwischen Traum und Wirklichkeit in teilweise beeindruckenden Bildern. Ich persönlich kenne leider das Original nicht, ich weiß, es spielt in der Ritterzeit und erzählt von Verurteilung, Intrigen, Liebe und von Verwechslungen, wo sich am Ende alles aufklärt und sich zum Besten wendet. Gernot Plass hat in seiner modernen Inszenierung nicht die äußere Handlung in den Vordergrund gestellt, wahrscheinlich, um Platz zu lassen für intensive Gefühle. Möglicherweise lässt sich das Original auch gar nicht in die heutige Zeit transportieren, obwohl uneheliche Kinder und Erbschaftsstreitigkeiten nicht ausschließlich dem Mittelalter zuzuordnen sind. Alle Darsteller_innen haben mich überzeugt, ihr Spiel mit der Gefühlswelt war sehr intensiv und ließ mich in jeder Sequenz mitfiebern. Die Palette reichte von Angst, Hoffnung, Zerrissenheit, Ablehnung und Liebe bis zu gesellschaftlichen Grundhaltungen, wie Vorurteil, Betrug und Blendung, Gier und dem Streben nach Geltung. Besonders hervorheben möchte ich dabei die schauspielerische Leistung von Nancy Mensah-Offei, die das Käthchen verkörperte. Als vom Adel unterschätztes, gepeinigtes und verstoßenes Mädchen überzeugte sie in einer Darstellung, welche Würde und Selbstbewusstsein ausstrahlte, jeder Satz von Nancy Mensah-Offei ging unter die Haut, auch ob der Ruhe, mit der sie jede Aussage unterstrich. Auch Elisabeth Veit als Kunigunde will ich im Besonderen erwähnen, sie hat mich mit ihrem enormen Temperament überzeugt, sehr deutlich verständlich zeigte sie auch Mut zur «Hässlichkeit». Auch alle anderen Schauspieler_innen trugen zu den beeindruckenden Szenen bei, man konnte die Spielfreude bemerken, welche durch das begeisterte Publikum aufgeschaukelt wurde. Das Zusammenspiel begeisterte mich, auch bei den Umbauarbeiten des ganz schlichten Bühnenbildes war ein absolutes Teamwork zu erkennen.

Gernot Plass hat es mit dieser Inszenierung überzeugend geschafft, das Geschehen mit vielen amüsanten und humorvollen Szenen in die heutige Zeit zu verlegen. Er hat dabei fast ausschließlich Originaltexte von Heinrich von Kleist verwendet und lässt – unter Einfluss von Magie und Cherubinen – die Gefühlsausbrüche seiner Darsteller_innen immer mehr in den Wahnsinn abdriften. Dieses Stilmittels hat sich Herr Plass bestimmt auch deshalb bedient, weil Heinrich von Kleist schwere Depressionen hatte und schlussendlich (gemeinsam mit Henriette Vogel) Selbstmord beging. Vielleicht lag dieses ständige «an sich zweifeln» auch ein wenig daran, dass dieser geniale Schriftsteller immer im Schatten von Goethe und Schiller gestanden ist. Hätte Heinrich von Kleist nicht zur gleichen Zeit wie diese Granden der Literatur gelebt, wahrscheinlich würde man heute mehr Stücke von ihm sehen als sein Werk «Der zerbrochne Krug», mit dem er seinen Kritikern seine Fähigkeit bewiesen hat, sehr wohl auch Komödien schreiben zu können.

Für mich persönlich hat er allerdings gerade mit dem «Käthchen von Heilbronn» gezeigt, wie gefühlvoll seine Texte waren und sind. Ich habe diese, seine Poesie und damit verbunden die wunderbare Aufführung von Gernot Plass enorm genossen.