Grünweiße Liebhabervorstadt

Rapid Amateure auf dem Sprung in die Regionalität

Amateur heißt wörtlich Liebhaber. Bei einem Rapid Amateur ist die Sache klar: Er liebt Rapid. Liebt Rapid ihn dafür nicht mindestens ebenso wie er sie? Fragen wir doch einfach Trainer, Spieler und Amateure-Liebhaber …Kaum ein Spiel der heurigen Frühjahrssaison der Wiener Liga ließ einen Zweifel darüber aufkommen, wer die Meisterschaft am Ende erlangen würde. Zu konstant spielten die Rapid Amateure; die Schlüsselspiele gegen die direkten Konkurrenten entschieden sie souverän für sich, und auch gegen vermeintlich schwächere Teams gaben sich die jungen Grünen keine Blöße. Dennoch schwebte über dem Unternehmen „Aufstieg in die Regionalliga“ bis zuletzt ein Hauch von Ungewissheit. Der Grund dafür lag in der noch jungen Geschichte des Teams. In der Saison 1997/98 fusionierten die nunmehr so genannten „Rapid Amateure“ mit „Red Star Penzing“, stiegen in die Wiener Liga ein und entwickelten sich in den Folgejahren erstens zu einem attraktiven und spielstarken Fixstarter und zweitens zu einem schier unglaublichen Erfolgsmodell in Sachen Nachwuchs. Nicht nur der Stammverein profitierte vom Wachsen und Gedeihen einer Vielzahl von Talenten; die Nachwirkungen der intensiven Arbeit spürt man bis in die Gegenwart des hiesländischen Nationalteamkaders, in dem mit Payer, Ivanschitz und Dober gleich drei Absolventen grünweißer Fußballliebhaberei zu finden sind. Und mit Veli Kavlak klopft gerade das vielleicht größte Talent, das in Österreich seit Wunderteamzeiten heranreifte, nachhaltig an Pepi Hickersbergers Coaching Zone.

Gemunkel und Zittern

Warum also das Zittern in diesem Frühjahr, was den Meistertitel betraf? „Wenn man drei Mal hintereinander und noch dazu so knapp Vizemeister wird, entstehen halt Gerüchte“, meint Claus Schlamadinger, Journalist für wienerliga.at und die Kabelsendung „Der Ball im Netz“. Dem eingefleischten Rapidler war vor vier Jahren nach dem Bundesliga-Meisterschaftsende die Zeit so lang, dass er sich entschloss, sie sich mit dem Besuch von Spielen der Amateure zu vertreiben. Schon wenig später begann er, ehrenamtlich und in wichtigen Dingen dennoch vom Verein unterstützt, eine Homepage für die Amateure zu betreuen. „Vor zwei Jahren hat es im Meisterschaftsfinish ein Match gegen Stadlau gegeben, wo ich mich selber gefragt habe, ob es da mit rechten Dingen zugeht. Schon nach zehn Minuten gab’s Elfmeter für uns und die rote Karte für einen Stadlauer. Unser Schütze läuft an – und schupft den Ball dem Tormann in die Arme. Am Ende hat Stadlau 3:2 gewonnen.“

Spiele wie dieses nähren Mutmaßungen, dass der Aufstieg in die nächsthöhere Liga gar nicht wirklich angestrebt wird. Zu gut scheint das Konzept vom behutsamen Aufbau einzelner Charaktere zu funktionieren, als dass man es durch zu frühes Beschleunigen buchstäblich gegen die Wand fahren möchte. „Ich glaub aber trotzdem, dass der Verein schon seit Jahren am Aufstieg bastelt“, sagt Schlamadinger, der auf die Amateure interessante Aufgaben zukommen sieht. „In der Wiener Liga war die Sache klar: Wir greifen an, und die anderen verteidigen sich halt, so gut sie können. Das wird’s in der Ostliga so nicht mehr spielen, das heißt, es werden sich taktisch spannendere und vielfältigere Aufgaben stellen. Insofern erwarte ich mir auch einen großen Lernprozess bei den Spielern.“

Das Handwerk des Ballens

Dass dieser auch auf der höheren Etage gelingen möge, dafür sorgt seit einiger Zeit der Ex-Teamspieler Andi Reisinger. Selbst ein „Kind aus Favoriten“, war er schon im Nachwuchs von Rapid herangewachsen. Dennoch zog es ihn Mitte der 1970er zurück in den Süden der Stadt. „Als ich zum FavAC gekommen bin, war der Verein in der Oberliga. Und dann sind wir durchmarschiert, Jahr für Jahr Meister geworden. Bis wir ganz oben waren.“ Bald werden die „großen“ Wiener Vereine auf den Mittelfeldspieler aufmerksam. Zunächst ist es der Sportclub, der sich seine Dienste sichert. 1986 kommt er dann zu Rapid, und von dort aus findet er auch ins Nationalteam unter Trainer Ernst Happel. „Nicht zuletzt durch ihn hab ich erfahren, wie wichtig Taktik für das moderne Spiel ist“, erzählt er. „Eigentlich wollte ich auch immer Trainer werden, aber wie es dann so weit war, hab ich kurz gezögert. Irgendwie wollte ich weg vom Fußball. Dann hat meine Frau auf mich eingeredet und mich bestärkt, das zu machen, was ich gelernt hab.“

Für Reisinger lassen sich die Anforderungen an einen Trainer schwer in Schlagworte fassen. Wichtig sind ihm neben professioneller Umsetzung des taktischen und sportwissenschaftlichen Handwerks vor allem das intensive Reden und die Nähe zu den Spielern. Dass Ersteres greift, merkt man an der überlegenen Fitness, die seine Spieler im Frühjahr „über die anderen Mannschaften richtig drüberlaufen hat lassen“, wie Reisinger stolz anmerkt. Und Letzteres lässt sich an der Mischung aus Konzentration und Kommunikation erkennen, die das Training prägt. Ansatzweise Blödeleien werden ebenso scharf unterbunden wie ehrlich vorgetragene Schmerzen fürsorglich zur Kenntnis genommen. Zum Ausgleich für die Strapazen bastelt Reisinger an einem möglichst abwechslungsreichen Trainingsprogramm. „Ich mache aus einer Grundübung meist drei, vier verschiedene. Das regt die Burschen an und macht ihnen mehr Spaß, als wenn immer der gleiche Trott abläuft.“

Vom Verein selbst zeigt sich Reisinger insofern ein wenig enttäuscht, als er die von ihm so sorgfältig aufgebaute Mannschaft zur Gänze in die Ostliga retten wollte. Dass das nicht gelungen ist, bringt ihn vor allem in der Defensive in die Bredouille. Dennoch betont er, dass er ohne den Einsatz von Klubmanager Peter Schöttel kaum so weit gekommen wäre. „So wen wie den Peter findest du kaum: Der rennt rund um die Uhr nicht bloß für die Kampfmannschaft, sondern genau so für uns und den gesamten Nachwuchs. Für den können sie im Verein bald einmal ein Kerzerl anzünden.“

Für die nächste Zeit liegen die Ziele auf der Hand: Im Rennen bleiben und möglichst viele junge Spieler in die Position bringen, sich für die erste Mannschaft aufzudrängen. „Etwas anderes kann ich ihnen ohnehin nicht bieten“, meint Reisinger, den kaum etwas so mit Stolz erfüllt wie die greifbare Möglichkeit eines solchen Durchbruchs. „Der Ümit Korkmaz hat schon gespielt gegen Mattersburg“, strahlt er, und seine sonst so zurückhaltend-ernsthaften Züge lassen dabei eine ungeahnte Weichheit erkennen. „Wenn er ihn nur spielen lässt“, entfährt es ihm im nächsten Moment in Richtung seines Kollegen Zellhofer. Das sollte dieser tatsächlich, denn Korkmaz wurde nach seiner ersten Wienerliga-Saison von den Trainern einstimmig zum Spieler der Saison gewählt. Entdeckt hat ihn Andi Reisinger auf dem Slovan-Platz. Und sich sehr darüber gewundert, dass er der erste war. Aber vielleicht besteht gerade in solchen Entdeckungen der gerechte Lohn eines echten Amateurs.

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