Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelttun & lassen

Verhältnis Raiffeisen-Enkelkinder, Töchter und Mütter

Stellt die Raiffeisen-Organisation die Gesetze des Kapitalismus auf den Kopf? Wer hat das Sagen? Die Eigentümer einer Bank oder die Manager der Tochter und/oder Enkeltochter dieser Bank? Heute im Raiffeisenwatch: das Verhältnis der Raiffeisenbanken zu ihren Töchtern, den Raiffeisenlandesbanken und Enkeltochter, der Raiffeisen Zentralbank.Die Raiffeisenkassen in den einzelnen Bundesländern werden auch Primärbanken genannt. Sie besitzen gemeinsam die einzelnen Raiffeisenlandesbanken. Die acht österreichischen Raiffeisenlandesbanken (Wien und Niederösterreich betreiben die Landesbank gemeinsam) besitzen wiederum gemeinsam das Spitzeninstitut, die Raiffeisenzentralbank (RZB). Die Primärbanken sind als Genossenschaften geführt, die Raiffeisenlandesbanken und die Raiffeisenzentralbank sind Aktiengesellschaften. Neben den 87,70 Prozent, welche die RLBs am Aktienkapital der RZB halten, sind weitere Raiffeisenverwandte wie die UNIQA oder der Raiffeisen-Lagerhauskonzern RWA Raiffeisen Ware Austria an der RZB beteiligt.

Wer nun denkt, die einzelnen Raiffeisenbank-Genossenschaften könnten per Einflussnahme über die Landesbanken die Geschicke und den Kurs des Spitzeninstituts bestimmen, wird daran stark zweifeln, wenn Interessen der Primärbanken und der RZB gegenübergestellt werden. In den Satzungen einzelner Primärbanken der Raiffeisengruppe sind Positionen zu lesen, die – auf die RZB umgelegt – nicht vorstellbar sind: „Der Zweck der Raiffeisenbank ist im Wesentlichen die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder. Die Raiffeisenbank bietet allen Menschen in ihrem Tätigkeitsgebiet eine demokratische Grundlage zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Sie motiviert die Menschen, in der Gemeinschaft ihre Probleme selbständig und eigenverantwortlich zu lösen.“

Frage: Wie verträgt sich dieser Förderauftrag zugunsten der einzelnen Raiffeisen-Genossenschaftsmitglieder mit dem Umstand, dass am Land von den Genossenschaftsmitgliedern eingesammeltes Geld per RLB an die RZB/RBI fließt und damit beispielsweise in Singapur (Achtung: Prügelstrafe!) veranlagt oder per Beteiligung an der STRABAG SE in der Slowakei in der Nuklearwirtschaft mitgemischt wird?

Vor kurzem hat die österreichische Bundesregierung durch eine Regierungsvorlage eine Novelle zum Bankwesengesetz in das Parlament eingebracht, mittels derer die Bestimmungen von BASEL III (eine Konvention zur Stärkung der Liquidität von Banken) in nationales österreichisches Recht umgesetzt werden soll. Dies rief den Förderungsverein der Primärbanken auf den Plan. Mitglieder dieses Vereins sind Primärbanken, die nicht mit allen Aktionen der RLBs und der RZB einverstanden sind. Vor allem geht es um Liquidität. So wurde auf einer Pressekonferenz des Vereins ein Punkt beleuchtet, der das Verhältnis Mutter zu Tochter betrifft. Ein rechtskundiger Berater des Vereins führte aus: „Die im Förderungsverein der Primärbanken organisierten Kreditgenossenschaften treten für Primärbanken ein, die selbständig und dezentral entscheiden, regional tätig sind und die eigenen Risiken in Eigenverantwortung managen und tragen. Gemeinsam sind die Primärbanken Eigentümer der jeweiligen Landesbanken, deren vornehmste Aufgabe es ist bzw. sein sollte, die Primärbanken zu fördern, zu unterstützen und zu servicieren. In der Praxis haben sich die Landesbanken von der Einflussnahme ihrer Eigentümer weitgehend entzogen und nehmen ihrerseits mehr und mehr Einfluss auf ihre Muttergesellschaften.“ Weiters wurde berichtet, dass in der Novelle zum Bankwesengesetz weiterhin an der Regelung festgehalten werden soll, dass Primärbanken, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, bis zu 14 Prozent aller Euro-Einlagen bei der Landesbank halten müssen. Die RLBs verzinsen diese Mittel sehr schlecht und haben so billiges Geld in der Hand. Für die Primärbanken jedoch sind diese Gelder wichtige Betriebsmittel, da sie zum Unterlegen von Krediten und anderen Bankgeschäften genutzt werden können.

Jedenfalls sieht der Förderungsverein der Primärbanken einen deutlichen Nachteil für die Genossenschaften und einen Vorteil für die RLBs. Der Nachteil für die Primärbanken könnte durch eine Streichung der beschriebenen Liquiditätsreserve-Bestimmung (§27a des Entwurfs zur Novelle des Bankwesengesetzes) aufgehoben werden. Und jetzt kommt ein Umstand zum Tragen, der im Augustin bereits wiederholt festgehalten wurde: Gesetze werden im Parlament von den Abgeordneten beschlossen – die Raiffeisenfraktion im Nationalrat kann sich (ohne Lobbyisten, weil selbst Abgeordnete) durchsetzen oder entsprechende Verhandlungsmasse einbringen. Ein Demokratieproblem.