Augustin 403 - 12/2015

Der Augustin baut auf Sand

Mit 64 Seiten (inkl. Beilage «Der Hammer») liegt der umfangreichste Augustin, den es je gegeben hat, vor. Dieser Superlativ ist auch zugleich der Tupfen auf dem «I» des Jubiläumsjahres zum 20-jährigen Bestehen, das mit zahlreichen kleineren Veranstaltungen und einem großen Fest im Oktober gefeiert wurde (im Dezember gibt es noch weitere Gelegenheiten zum Zelebrieren, Näheres dazu im art.ist.in-Magazin).Die exorbitante Seitenanzahl der aktuellen Nummer erlaubte auch zwei inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Zum einen auf «Sand», nicht zuletzt auch deswegen, weil sich der hinter dem Augustin stehende Herausgeberverein «Sand und Zeit» nennt. Der Historiker und Privatgelehrte Anton Tantner beschäftigt sich mit den (ehemaligen) Sanddünen vom Marchfeld (S. 18), in weniger exotische Gefilde hat es Robert Sommer und Mehmet Emir verschlagen: in die Ottakringer Sandleiten (S. 20), wo das «Rote Wien» nur noch als architektonische Hülle erkennbar ist. Zum anderen zwei Beiträge zu Justizstrafanstalten. Der «Felsen» von Stein ist nicht nur die bekannteste Justizanstalt in Österreich, sie zählt wohl auch zu den beliebtesten in der Privatwirtschaft, denn in Stein floriert, wie auch in anderen Gefängnissen, die Zwangsarbeit: Häftlinge müssen für einen zynischen Lohn arbeiten, ohne dass dabei auch nur ein Cent in die Pensionsvorsorge fließen würde – von Sozialleistungen natürlich ganz zu schweigen. Daher soll nach deutschem Vorbild auch in Österreich eine Gefangenengewerkschaft gegründet werden (S. 6). Ein weiterer Beitrag aus dem Bereich Strafvollzug stammt von dem Sozialarbeiter Karl Helmreich, der sich mit Biographien von Sexualdelinquenten beschäftigt und daraus seine Schlüsse zieht (S. 8). Wer sich ein bisschen Einblick in den sogenannten Maßnahmevollzug verschafft, muss sich unweigerlich die Frage stellen, wo es denn mehr krankt? In den Köpfen der Häftlinge oder in den Köpfen der Maßnahme-Befürworter_innen? Hat nicht Justizminister Brandstetter eine Reform angekündigt, nachdem im Frühjahr 2014 in Stein der Fall eines verwahrlosten Häftlings von der Stadtzeitung «Falter» (Nr. 21/14) aufgedeckt wurde!?

Es gibt im Augustin, selten aber doch, Lob für Politiker_innen. So spart Herr Groll nicht mit diesem Gaby Schaunig betreffend. Frau Schaunig machte einst bei den Spielchen von Jörg Haider nicht mit und behauptet sich nun als Finanzlandesrätin von Kärnten, einem dezent verschuldeten Bundesland.

Apropos Performance: Wir können heuer – nach einer längeren Phase des «Nullwachstums» – wieder ein «Positivwachstum» verzeichnen. Die genauen Zahlen liegen noch nicht vor, aber ein Zuwachs an verkauften Exemplaren im hohen einstelligen Prozentbereich ist uns nicht mehr zu nehmen. Wir klopfen uns selbst, und vor allem den Kolporteur_innen auf die Schulter, noch bevor sie die Redaktion für die 64 Seiten starke Ausgabe die eine oder andere (verbale) Watsche verpassen. Ein Drittel mehr an Umfang bedeutet schließlich auch ein Drittel mehr an zu schleppendem Gewicht – bei gleichem «Profit».

Schließlich bedanken wir (also die Personen auf dem Poster in der Blattmitte) uns auch bei unseren Leser_innen, «Liebhaber_innen» und Helfer_innen für die Unterstützung im ereignisreichen Jahr 2015 und wünschen ein nicht allzu kalorienreiches Weihnachtsfest, damit für den Rutsch ins neue Jahr nicht in einer höheren Gewichtsklasse angetreten werden muss …

am tiefen wasser

hinausdenken über den rand
des meeres, den sichtbaren
nicht anerkennen den horizont
als grenze des erreichbaren
warten, ob antworten kommen
mit dem wellenschlag
und welche
wie leicht und schwer
ist das zugleich weiterlesen

Knistern im Heu

Im Stadl knisterte das Heu. Der wunderbare Duft und die Wärme erfüllten die Luft. Ich wollte dir den Nachwuchs meiner Katze zeigen, die sich hier irgendwo von den Strapazen ihrer Geburt von fünf Katzenjungen erholte. Die Katzen fanden wir nicht gleic… weiterlesen

Vom Kontrollor zum Kolporteur

Augustinverkäufer Jan

Für den Fototermin möchte ich die Haube wechseln, denn ich bin ein Grün-Weißer (Jan zieht sich eine Haube mit der Aufschrift «Geh Scheissn!» vom Kopf und eine vom Fußballverein «SK Rapid Wien» über, Anm.).

Foto: Mario Lang

Ich bin nämlich Fan vo… weiterlesen

Sich zu organisieren ist ein Verfassungsrecht

Aber auch hinter Gittern?

Heimische Justizanstalten dienen als Billiglohnparadies für die «freie Wirtschaft». Einigen der Gefangenen reicht es jetzt. Nach dem Vorbild deutscher Inhaftierter versuchen sie sich gewerkschaftlich zu organisieren. Christof Mackinger über das Gefän… weiterlesen

Was bewirkt Haftstrafe?

Aus meiner Gefängnisarbeit mit Sexualdelinquenten

Dass die Opfer von Sexualdelikten in der Regel Frauen und Kinder sind, spiegelt die patriarchalen Verhältnisse in unserer Gesellschaft wider. Forderungen aus der Frauenbewegung, die potenziell Betroffenen durch strengere präventive Strafen für die Tä… weiterlesen

«Wir sind die Besten!»

Muss die Marseillaise nun auch unser aller Hymne werden?

Land der Söhne? Land der Töchter? Schetzkojedno! Wiener Künstlerinnen wie Ilse Chlan oder Miki Malör haben in den vergangenen Jahren in spannenden multimedialen Kunstprojekten die Bundes- und Nationalhymnen dieser Welt überhaupt in Frage gestellt. Ne… weiterlesen

Die Medien & der Wohltäter

Bill Gates Stiftung schafft die Probleme, die sie zu bekämpfen vorgibt

Der Mythos von Bill Gates als dem spendabelsten und großzügigsten Gutmenschen des Planeten stirbt nicht aus. Mitverantwortlich dafür sind «Qualitätsjournalist_innen», die zwar das Objektivitätsgebot verinnerlicht haben (und damit den Anspruch, alles … weiterlesen

Gatti wieder auf der Flucht

Journalist testete den Erfolg des Papst-Appells zur Flüchtlingshilfe

Jede Pfarrei oder religiöse Gemeinschaft in Europa solle zumindest eine Flüchtlingsfamilie bei sich aufnehmen. Dazu hat vor einigen Wochen Papst Franziskus aufgerufen. Als «Undercover-Immigrant» hat der italienische Journalist Fabrizio Gatti getestet… weiterlesen

eingSCHENKt: Zwei Wölfe & die dünne Decke

Es kann schnell gehen, dass Nachbarn zu Feinden werden. Wir haben nebeneinander und miteinander gelebt, erzählen mir Freunde aus dem ehemaligen Jugoslawien. Im selben Dorf, in der selben Straße. Plötzlich gab es kein Gespräch mehr, nur mehr Misstraue… weiterlesen

Die Sortierung der Flüchtlinge: Eben WEIL sie unsere Werte teilen, kommen sie

Die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und aus Afrika, namentlich jene mit muslimischem Hintergrund, teilen «unsere Werte» nicht, und bald bilden sie jene kritische Masse, die das Wertesystem zum Kippen bringen wird. Und wenn es kippt, ist es vorbei mit… weiterlesen

Radio Augustin: Die Caritas baut ihr Spektrum sozialer Unternehmen aus – Babylonisches Gewirr in magdas Hotel

«50 Prozent unserer Mitarbeiter kommen aus jobschwierigen Situationen. Das sind Langzeitarbeitslose, Flüchtlinge, Menschen mit Behinderungen oder Haftentlassene», sagt Gabriela Sonnleitner, die Leiterin der magdas-Social-Business-Gruppe, die von der … weiterlesen

Dannebergpredigt: Sternschnuppen 2

Vor kurzem schrieb ich unter dem Titel «Sternschnuppen» über die wunderbare Hilfsbereitschaft der Zivilgesellschaft in der Flüchtlingsfrage, die der Politik weit voraus ist. Und ich schrieb über die radikalverbale Abschottungsgesinnung eines Nachbarn… weiterlesen

Konzernfreundlicher Journalismus

Rosenbauer ist leider nicht nur ein Feuerwehrausrüster

Der österreichische Wirtschaftsjournalismus, auch der angeblich qualitätsvolle, wird seiner demokratischen Kontrollfunktion nicht gerecht. Er lässt sich von der PR der Konzerne diktieren, wie er über sie schreibt. Von Robert Sommer.

Illu: Much

D… weiterlesen

Marie fürs Ländle

Vorarlberg bekommt eine Straßenzeitung

Der Augustin hat eine neue Mitstreiterin bekommen: welcome, Marie! «Kleines Schwesterchen» nennt Robert Thoma die erste Vorarlberger Straßenzeitung, «weil wir alles so machen wie ihr und Robert Sommer letzten Endes Namensgeber war».Der Gründungsmytho… weiterlesen

Sprache der Erniedrigung: Roma wohnen nicht, sie «hausen»

… und jede Gruppe wird zur «Bande»

Mediale Darstellungen von Roma und Sinti werden mit Kriminalität und Betteln verbunden. Im öffentlichen Raum sowie in sozialen Medien sind antiziganistische Vorfälle nach wie vor keine Seltenheit. Oft gehen diese bis zu Gewaltandrohungen oder nationa… weiterlesen

Die Wanderdünen des Marchfelds

«Sandtilgungsangelegenheiten» zwischen Gänserndorf und Leopoldsdorf

Wo heute Felder wogen und Windkraftanlagen ihre Schatten werfen, zogen einst Sanddünen übers Land, weiß der Historiker Anton Tantner (Text und Fotos) zu berichten.Noch vor zweihundert Jahren soll es wild und gefährlich gewesen sein, das Marchfeld, be… weiterlesen

Als ein Punk die Stadt regierte

Das neue Schauspielhaus eröffnet mit einer politischen Revue

Jón Gnarr war der Popstar unter den europäischen Bürgermeister_innen. Jetzt gibt ihm auch das Schauspielhaus unter der neuen Leitung von Tomas Schweigen die Ehre. Veronika Krenn hat sich die Eröffnungsrevue «Punk & Politik» angesehen und dabei du… weiterlesen

Das ABC des Amerlinghauses

Wie geht´s der Alternativkultur im Zentrum des Konsumwahnsinns?

Das Amerlinghaus im Spittelbergviertel hat als Freiraum eine besondere Stellung. Es verteidigt seine Position dort, wo das Phänomen der Privatisierung und Kommerzialisierung der Städte ohne Zurückhaltung wütet. Robert Sommer versucht, am Ende des 40…. weiterlesen

Mir bleibt auch nichts erspart

Richard Schuberths bunte Anleitungen zum Nonkonformismus

Der Autor, Satiriker, Gesellschaftskritiker Richard Schuberth ist dem Augustin seit 18 Jahren verbunden, ein Mann der ersten eineinhalb Stunden sozusagen, als Korrekturleser, als Cartoonist «Tricky Dicky», als Autor der Karl-Kraus-Serie und anderer B… weiterlesen

Erhöhte Brandgefahr

Aus dem Tagebuch eines Augustinverkäufers

16. 11.
Ich hätte es besser nicht wissen sollen, oder wollen, oder wie auch immer. Jedenfalls erfahre ich gegen den Willen meines gerade in Betrieb befindlichen Gehirnteiles, dass eine prominente deutsche Politikerin für ihre Familie täglich kocht…. weiterlesen

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