Augustin 414 - 05/2016
Jetzt nur keine Post-Wahl-Depressionen!
Das war’s also. Und jetzt? Um die Post-Wahl-Leere zu füllen, die sich beim Abendessen, in Facebook-Chats, in Fahrstuhlgesprächen und beim gemeinsamen Warten auf den Bus unweigerlich ausbreiten muss, servieren wir Ihnen termingerecht einen frischen Augustin. In dem geht es um alles – nur nicht um die Hofburg oder darum, wer durch ihre Gänge schlurft.Womit wir uns allerdings schon beschäftigen, ist herrschaftliche Architektur. Für die letzte Folge der Augustin-Museologie haben wir Schloss Obermureck an der steirischslowenischen Grenze besucht (S. 20). Vormals Adelspalast, später geschlossene Psychiatrie, wird dort aktuell das «Museum des Wahnsinns» eingerichtet. Wobei mit dem Wahnsinn nicht nur seine klinische Entsprechung gemeint ist, sondern durchaus auch seine politische, die sich momentan am ehesten in neuen Grenzanlagen manifestiert. «Wie unbequem oder unangepasst darf man ungestraft, nein, unbehandelt
sein als Mensch im 21. Jahrhundert?», befragt auch Frau Gschistibohavitschek (S. 13) aktuelle Tendenzen des Wahn- und Irrsinns und findet die Tatsache, dass «jede_r Dritte irgendwie einen Poscher» hat, eigentlich beruhigend. Dass die Vorstadt – ihres Zeichens Favoriten, Ottakring und Donaustadt – mehrheitlich gegen den Wahnsinn eines rechtsradikalen Präsidenten gestimmt hat, ist wiederum nur ein Beleg mehr dafür, dass dort die Zukunft selbst zu Hause ist. Einen Blick in das historische Ottakring der Barackensiedlungen und der Mietkämpfe wirft Kerstin Kellermann (S. 19), die sich die Ausstellung «Hilfe! Armut in der Vorstadt» angesehen hat. «Das Leben in der Stadt ist hart, auch für Tauben ist es hart», meint der Schriftsteller Wolfgang Bleier im Gespräch
mit Nadine Kegele (S. 24). Was mich dazu bringt, Ihnen kundzutun, dass am 13. Juni der Tag der Taube gefeiert wird. Ob und wie wir den begehen, hat (anders als beim Tag der Schwarzen Katze) Augustin-intern sofort zu gröberen Konflikten
geführt: Ist die Taube Symbol allen urbanen Grauens und damit alles andere als Grund für einen Feiertag? Oder ist sie ganz im Gegenteil die letzte Gallionsfigur des städtischstreunerischen Undergrounds? Ratte der Lüfte? Oder fliegender
Underdog? Wir bleiben uneinig. Wofür wir uns in der hysterischen Aufregung der Vor-
Wahl-Zeiten aber wieder mal mit einendem Schulterklopfen gratuliert haben: dass wir all die Jahre und Jahrzehnte die gute Tradition der finanziellen Unabhängigkeit gewahrt
haben. Man stelle sich mal vor, man müsste nicht nur um die demokratische Entwicklung eines ganzen Landes, sondern darüber hinaus auch noch um den eigenen Sparstrumpf zittern! Alleine können wir das Bewahren unserer hauseigenen
Pressefreiheit allerdings nicht bewerkstelligen: Daran sind auch Sie beteiligt, die den Augustin kaufen und lesen, ihn mit Spenden, Inseraten und Liebhaberei unterstützen. Dafür, dachten wir uns, sagen wir in nervenaufreibenden Zeiten wie diesen wieder einmal: Danke!