Augustin 566
Schön rund
Die Suffragetten gingen vor hundert Jahren auf die Straße, zerschlugen mit Steinen und Hämmern Scheiben ein, traten in den Hungerstreik. Sie kämpften u. a. für ein Recht, das heute für viele selbstverständlich ist: das Frauenwahlrecht. Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur, macht einen scheinbar gewagten Vergleich: Klimaaktivist:innen, die sich in Wien an Straßen kleben, seien die Suffragetten unserer Zeit. Treffend. Der Unterschied: ein Jahrhundert später sind ihre Ziele für Gleichberechtigung noch immer nicht erreicht.
Das Klima kann nicht so lange warten. Jedenfalls nicht, bis die Politik aufhört, sich vor den Interessen des Wirtschaftsbundes niederzuknien. Nur deswegen stockt nämlich das geplante Aus für fossile Heizungen im Neubau, berichtet Katharina Rogenhofer auf Seite 12. Wenn also Worte nicht ergebnisbringend sind, das wussten die Suffragetten, das wissen die Klimaaktivist:innen, weil es an allen Ecken und Enden brennt, dann müssen Taten folgen, dann gilt es: um die Ecke zu denken und zum Superkleber zu greifen.
Ecken kommen in der Coverstory von Lisa Bolyos nicht vor. In dieser nähert sie sich nämlich runder Architektur und Kugelbauten an. Mögen sie unpraktisch für die industrielle Produktion sein, doch sie sind sakral und poetisch – überzeugen Sie sich selbst mit den begleitenden Fotos von Michael Bigus (S. 6).
Wir machen und mögen es ebenfalls rund: neues Jahr, neue Kolumne. Mit «Wiener Berufung» im Vorstadt-Magazin auf Seite 17 stellen wir ab sofort ungewöhnliche Berufe und Tätigkeiten vor, abseits des Schneiders und Müllers, für die es (noch) keine Familiennamen gibt. Wenn es in hundert Jahren mit «Tierverwerterin» so weit ist und die Erde dank Klimaaktivismus zwar noch bewohnbar, aber nicht mehr rund ist, erfahren Sie es natürlich aus erster Hand bei uns.