Ausgabe 465 - 09/2018
Kommerzfrei
The best things in life are for free – die besten Dinge im Leben sind gratis, tönt es gern in Funk und Fernsehen (Neue Medien inklusive). Es stimmt schon, dass so einiges Schönes nicht käuflich erwerbbar ist – «Can’t buy me love» und «Fun is one thing money can’t buy» sangen die Beatles vor Jahrzehnten. Das eine oder andere beste Ding mag also nicht in Gold aufzuwiegen sein, das Dumme ist, der flotte Spruch blendet aus, dass leider nahezu alle notwendigen Dinge sehr wohl Bares kosten: Wohnen, Essen, Klopapier …Und seit vielen hundert Jahren lautet daher die Frage: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Und ebenso lang hören alle, denen nicht ein reiches Erbe zugefallen ist, die Antwort: «Geh was hackeln!» Das wiederum ist leicht gesagt, aber oft nicht so leicht umzusetzen von der zum Hackeln aufgeforderten Person. Zu tun gäbe es ja vielleicht genug, das Problem liegt darin, dass Arbeit auch entsprechend entlohnt werden soll, was nicht immer und mittlerweile immer seltener der Fall ist. Die modernen Tagelöhner vom Arbeiterstrich könnten ein Lied davon singen, wenn sie denn wollten. Mareike Boysen und Nina Strasser haben Wiens bekanntesten Arbeiterstrich auf der Triester Straße besucht, ihre Reportage finden Sie auf Seite 6. Von geregelter Arbeitszeit, fixer Anstellung, Kranken- und Sozialversicherung oder bezahltem Urlaub können die Männer, die dort ihre Arbeitskraft feilbieten, nur träumen. Die Errungenschaften der Arbeiterbewegung werden derzeit kräftig untergraben. Entscheidende Impulse zur politischen Formation der Arbeiterschaft in Österreich brachte die 1848er-Revolution vor 170 Jahren, welche übrigens auch einen gewissen Karl Marx veranlasste, Wien zu besuchen. Genaueres weiß Gernot Trausmuth (S. 8).
Zu den besten Dingen, die es for free gibt, zählen auch die nichtkommerziellen freien Radios, wie Radio Orange, wo auch Radio AUGUSTIN seinen Platz im Programm hat. Zum 20. Geburtstag des alternativen Senders berichtet Markus Schauta (S. 9). Kommerzfrei wollten auch die Altbaucyclisten bleiben und gaben ihrem Sponsor den Schuh, somit fahren sie ihre Radrennen durch Wohnungen weiterhin werbebannerfrei. Hannes Gaisberger und Ruth Weismann waren beim 82. Worldcup-Rennen in einer WG dabei (S. 20).
Apropos gratis. «Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul» wäre da noch so ein Spruch. Das gilt natürlich nicht für den AUGUSTIN. Für die 2,50 Euro darf man auch hineinschauen, und es zahlt sicht aus.