Augustin 540
Die Poesie des Boulevards
Eines der vielen grandiosen Gedichte von Wolfgang Bauer hat er einem Gottfried gewidmet, es trägt den Titel Song for Helnwein: Boulevard of Broken Dreams. Die Poesie des großen Sohns jener Stadt, die neuerdings von einer kommunistischen Bürgermeisterin regiert wird, erschloss sich aber erst, wenn er es selber auf gut Steinsteirisch vorgetragen hat: am Bulewar of brokn drims. Auszug: «Zu Boden wirft der Träumer den Blick / schwerer Regen wird fallen / durch seine Augen / im Schlendern / die roten Hände in den rauhen Mänteln geballt / tief in der Magengrube / führt er die sonnigen Tempel / brennend unter dem Tagesblau / spazieren / über den / Boulevard of Broken Dreams.»
Die Ehre des Boulevards halten wir sowieso immer und dezidiert im Brief hoch, der diesem Augustin beiliegt. Wer sich davon animiert fühlt, ein paar Netsch in kritischen Zeiten zu spendieren, verdient unseren kollektiven Dank – den der Verkäufer_innen, der Redakteur_innen, des Vertriebs und all jener, die sonst noch am Wohlergehen der ersten österreichischen Boulevardzeitung mitwirken. Mehr darüber ist in der Titelgeschichte (ab Seite 6) zu lesen.
Es wird indes nicht bloß nach schnödem Mammon gefischt, sondern auch nach Komplimenten – und gelegentlich sogar nach Fischen, wie ab Seite 16 über urbane Petrijünger_innen zu lesen ist. Mit dringend notwendigen Utopien befassen sich die Schriftstellerin Lisa Spalt und der Film/Foto-Künstler Otto Saxinger (S. 22). Dem 800-Seiten-Wälzer eines anderen Autors, bekannt als Gründervater dieser Straßenzeitung, gewinnt Hömal, die Stimmgewitter Augustin-Eleganz in Person, poetische Zeilen ab (S. 26).
Sodala, Freund_innen der Blasmusik, ich bin dann ‚mal weg, dafür ist Ruth Weismann bald wieder da. Es war mir eine Ehre, eine Herausforderung und ein Vergnügen zugleich. Im Tagebuch eines anderen Gottfried als des anfangs genannten (Seite 33) ist es gute Tradition, mit einem Musiktipp zu schließen. Also empfehle ich eine Komposition des großen Joe Zawinul für das Julian «Cannonball» Adderley Quintet – allen an den Rand der Gesellschaft Gedrängten und ihrer Würde gewidmet: Walk Tall!