Ausgabe 468 - 10/2018
Mafiöse Strukturen, zwielichtige Polizisten
Nur wenige Stunden nach dem Erscheinen unserer 464. Ausgabe am 1. August dieses Jahres wandte sich der Pressesprecher eines freiheitlichen Ministers erst telefonisch, danach per E-Mail an die AUGUSTIN-Redaktion. Uns war dieser Umstand keine redaktionelle Notiz wert.Erstens: So spannend war die Angelegenheit auch wieder nicht – dem Mann hatte einfach ein Text zu den personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen rechtsextremer Medienplattformen mit freiheitlichen Funktionsträgern so gar nicht gefallen. Und zweitens weiß man in der AUGUSTIN-Redaktion: Das unautorisierte Zitieren aus E-Mails widerspricht der Datenschutzgrundverordnung, ist also verboten. Man kann davon ausgehen, dass der Kenntnisstand im Innenministerium kein anderer ist. Und dennoch veröffentlichte man dort zuletzt informelle E-Mails und Textnachrichten von Falter-Chefredakteur Florian Klenk an Kabinettsmitarbeiter via OTS-Aussendung und auf der Homepage des Hauses. Es ist der jüngste in einer ganzen Reihe von Skandalen im freiheitlich geführten Ministerium und – wie wir meinen – einer jener Tabubrüche, die Herbert Kickl seit seinem Amtsantritt vor einem dreiviertel Jahr sehr bewusst setzt. Warum, darüber lesen Sie auf Seite 6.
Auch in Christian Kaserers Reportage aus Transnistrien (Seite 18) spielen mafiöse Strukturen, politische Manöver und zwielichtige Polizisten eine tragende Rolle. Zwei davon gründeten 1993 die Lebensmittelkette Sheriff. Heute kontrolliert Sheriff nicht nur das nahezu gesamte wirtschaftliche Leben im Land, sondern auch den Hauptstadtfußballklub, die Parlamentsmehrheit und den Präsidenten – in einem Staat, der offiziell gar keiner ist.
Für unsere Cover-Geschichte hat Ruth Weismann unterdessen in Wien Miroslava Svolikova zum Interview gebeten. In ihrem jüngsten Stück verhandelt die Dramatikerin den Europa-Mythos feministisch. Sie, Europa, ermächtigt sich darin nicht nur über ihren Entführer Zeus, sie will auch «ein Land gründen, in dem alle Platz haben, in dem es keine Mauern und keine Gewalt gibt». Das gesamte Gespräch lesen Sie auf Seite 28.
Einmal noch zurück zur FPÖ: Der rüde Ton, den blaue Kommunikationsarbeiter zwischendurch, und zwar nicht nur auf Twitter, anschlagen, ist mittlerweile gefürchtet – da wird ungefragt geduzt, angeherrscht, nachgeäfft, da fühlt sich jemand sicher. Ganz abgesehen von der Haltung hinter dem Ton. Im August haben wir daher – anders als zunächst in Aussicht gestellt – darauf verzichtet, den freiheitlichen Pressesprecher zurückzurufen. Uns empfahl es sich schon damals, die Kommunikation mit Repräsentant_innen dieser Regierung auf das Nötigste «(rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken».