Ausgabe 451 - 01/2018
Demonstration am Mond
Bunt und laut war es am Samstag, dem 13. Jänner in Wien. Und als es dunkel wurde, gab es auch noch Gänsehaut beim (Handy-)Lichtermeer am Heldenplatz. Von den «Omas gegen rechts» bis hin zu Kindern – mehr als 20.000 Menschen gingen gegen die Politik der Regierung auf die Straße.Im Februar 2000 waren es mit rund 150.000 Menschen zwar weit mehr, die gegen Schwarz-Blau demonstrierten, dennoch: Es tut gut zu sehen, dass so viele nicht einverstanden sind mit Rassismus, Sexismus und massivem Sozialabbau. Die Straße ist immer noch der Ort, an dem Protest eine geballte, konkrete, menschliche Sichtbarkeit bekommt. Vor allem, wenn mit Musik, Sprechchören und Transparenten dem Unmut ziemlich kreativ Ausdruck verliehen wird: «Heast, Kickl, wüst an Wickl?», «Kurz vor dem Fall», «Keine Fut breit den Faschisten» oder einfach nur «Liebe, Liebe» plus gemaltem Herz war da etwa zu lesen. Und: «Frauenrechte sind Menschenrechte».
Bei der aktuellen Regierung ist beides nicht gut aufgehoben, die FPÖ dachte ja schon mal darüber nach, aus der Europäischen Menschenrechtskonvention auszusteigen. Über diese Konvention, über die Menschenrechte in Europa und der Welt, sprach Clemens Staudinger mit dem Menschenrechtsexperten Manfred Nowak (Seite 6). Der sagt: «Ich würde mir wünschen, dass Österreich Teil eines neuen sozialen Europas ist.» Das wünschen sich wohl auch asylwerbende Menschen. Für die ist die Situation besonders schwierig. Unter anderem am Wohnungsmarkt. Mit
welchen unglaublichen Dingen sich Asylwerber_innen herumschlagen müssen, die in Wien Wohnraum suchen, beschreibt Gregor
Stadlober auf Seite 10.
Positive Erfahrungen können hingegen in der Migrating Kitchen gemacht werden, die Christof Mackinger besucht hat (Seite 18). Der Catering-Betrieb, der auch bald seine Gaststube öffnen will, bietet Geflüchteten und Arbeitsmigrant_innen die Möglicheit, etwas zu verdienen. Und er bietet internationale Speisen für neugierige Gaumen.
Die Art.ist.in geht dieses Mal auch über Grenzen, allerdings nur die von Wien. Robert Sommer hat das Linzer Hafenviertel besucht, wo Street Art ganz offiziell für Farbe sorgen soll (Seite 26). Super Sache oder Vereinnahmung der «Kunst von unten»?
Noch viel weiter hinaus geht es diesmal literarisch – nämlich bis zum Mond. Iris Gerber Ritter schreibt in «Mondfahrt» auf Seite 40 über das, was im Mond zu sehen ist und schlägt eine Brücke zu (kindlichen) Fantasiewelten.
Fantasie und Vorstellungskraft können wir angesichts der politischen Lage jedenfalls gut brauchen, um für eine bessere Welt zu kämpfen. Lieblings-Demo-Sprechchor dazu: «Hoch die internationale Solidarität!»