Augustin 529
Gegen Gewalt in allen Formen
Seit dem Vorjahr steigt die Zahl der von ihren (Ex-)Partnern getöteten Frauen in Österreich mehr als deutlich. Schon zu Beginn der Coronapandemie warnten Vertreter_innen von Frauenschutzorganisationen vor einem Anstieg familiärer und partnerschaftlicher Gewalt und forderten Maßnahmen und Geld zur Prävention. Reagiert haben politische Entscheidungsträger_innen darauf so gut wie gar nicht. Erst jetzt stellt die Bundesregierung finanzielle Mittel und neue Regelungen in Aussicht. Wichtig ist, dass weitreichende und vielschichtige Maßnahmen umgesetzt werden. Gewalt zu verhindern betrifft eine Vielzahl von Ebenen und Strukturen, denn tötet ein Mann seine (ehemalige) Partnerin, ist das weder «das blutige Ende eines Beziehungsdramas» noch «ein importiertes Problem» und auch keine «schicksalhafte Fügung».
Gewalt in Familie, Beziehung und Gesellschaft bildet den Schwerpunkt dieser Ausgabe. Lisa Bolyos setzt sich in ihrem Artikel «Das Verlernen der Gewalt» (S. 6) mit Ursachen von gewalttätigem Handeln auseinander und den Ansätzen, solches zu verhindern, durch Erziehung, Intervention, Schutz und Entlastung. Besondere Aufmerksamkeit und Betreuung benötigen Kinder, die von Gewalt – im schlimmsten Fall dem Tod der Mutter – betroffen sind. Auch darum geht es in dem Beitrag.
Jugendliche in der Arbeit gegen Gewalt sind die Zielgruppe eines Projekts von «StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt», Rafaela Siegenthaler koordiniert das Projekt und sprach mit Cornelia Stahl (S. 8) über die Ausbildung von Jugendlichen als Multiplikator_innen.
Gewalt tritt nicht nur in Form von Schlägen, Waffengebrauch oder verbalen Ausfällen auf, strukturelle Gewalt wird durch diskriminierende Gesetze, institutionelle Vorgaben, gesellschaftliche Konventionen usw. ausgeübt. Ein Beispiel dafür ist der vielgerügte AMS-Algorithmus, den Barbara Eder in ihrem Beitrag auf Seite 10 unter die Lupe nimmt. Ein scheinbar objektives Computerprogramm berechnet unbeeinflussbar Chancen von AMS-Kundschaften am Arbeitsmarkt. Doch Algorithmen wohnen dieselben Vorurteile und blinden Flecken inne wie ihren Programmierer_innen bzw. Auftraggeber_innen. Letztere vermitteln gemäß ihrer neoliberalen Weltanschauung digital und verbal die Botschaft: «Seid’s halt erfolgreich oder seid’s stad und unsichtbar!»